Es gibt im SEO-Bereich immer wieder Themen, die wie ein Bumerang zurückkommen. Eines dieser Themen sind abgelaufene Domains. Vielleicht hast du selbst schon einmal mit dem Gedanken gespielt, eine solche Domain zu kaufen, weil sie theoretisch ein „Ranking-Boost“ sein könnte. Aber so einfach, wie es mal war, ist es heute definitiv nicht mehr. Ich möchte dir erklären, was Google dazu sagt, warum manche Websites auf abgelaufenen Domains nicht sofort durchstarten und welche praktischen Schritte helfen können, wenn du in so einer Situation steckst.
Warum abgelaufene Domains früher ein SEO-Trick waren
Vor 20 Jahren war alles einfacher – auch SEO. Damals konnte man ziemlich leicht eine Domain kaufen, die schon mal existierte, und schwupps: man erbte die ganzen Backlinks und vor allem den damals sichtbaren PageRank. In der Google-Toolbar war das wie ein grüner Balken, der dir die SEO-Wertigkeit der Seite zeigte. Hatte die Domain trotz thematisch irrelevanter Inhalte einen hohen Wert, konnte ein SEO diese nutzen und dadurch künstlich Rankings aufbauen.
Es gab sogar eine witzige Lücke: Wenn in Foren oder auf .edu- und .org-Seiten einfache Beispieldomains wie „example-domain.com“ verlinkt wurden, konnte jemand diese Domain registrieren – obwohl sie inhaltlich gar nichts mit dem eigenen Projekt zu tun hatte – und sofort strömte Linkpower von eigentlich recht seriösen Quellen ein. Das war fast schon wie ein Cheat-Code des frühen SEO. Aber, wie du dir denken kannst, blieb das nicht lange unentdeckt. Google zog zu Beginn der 2000er die Notbremse. Ab da wurden abgelaufene Domains „resettet“ – die bisherige Bewertung wurde auf null gesetzt. Und auch die Tricks mit Schreibfehler-Domains wurden gestoppt.
Das Problem: Du startest mit einer gebrauchten Identität
Heute kann es richtig knifflig sein, eine Domain zu übernehmen, die schon eine Vergangenheit hat. Stell dir vor, du eröffnest ein Geschäft – aber das Firmengebäude hatte früher eine andere Firma drin, die vielleicht pleiteging oder sogar schlechte Presse hatte. Manche Leute verbinden dann automatisch noch Geschichten aus der Vergangenheit mit dir. Im übertragenen Sinn passiert Ähnliches bei Google: Die Domain trägt ihre Historie mit sich herum.
Jemand berichtete neulich, dass er eine Website auf einer alten Domain gelauncht hat. Alles sah soweit seriös aus: Sitemap in Ordnung, keine Fehler in der Search Console, die Seite war indexiert. Und trotzdem passierte das Kuriose – selbst bei der Suche nach dem eigenen Markennamen tauchte die Seite nicht in den Ergebnissen auf. Das ist ein ziemlich frustrierendes Gefühl. Es war schnell klar, dass es wohl an der Vergangenheit der Domain lag: Sie gehörte zuvor einer anderen Firma, die längst nicht mehr existiert.
Was Google dazu sagt
John Mueller von Google antwortete sinngemäß: Geduld. Er erklärte, dass es Zeit brauche, bis der alte Zustand einer Domain quasi „abgeschüttelt“ ist. Wenn eine Domain lange geparkt war (mit einer simplen Platzhalterseite) oder komplett unregistriert, dann sieht Google diese Zustände erst einmal als gegeben. Der Umschwung, dass dort nun wirklich eine neue, eigenständige Website läuft, muss sich erst einpendeln. Man kann diesen Prozess nicht beschleunigen, indem man irgendwelche Hebel umlegt – es gibt keinen Knopf bei Google, mit dem man „Reset“ drückt.
Er riet dazu, im Google Search Console-Konto nachzusehen, ob es vielleicht noch alte manuelle Maßnahmen oder ausstehende URL-Entfernungen gibt. Wenn dort alles sauber ist, muss man tatsächlich warten, bis Google die neue Realität verarbeitet.
Was du in dieser Wartephase tun kannst
Die Aussage „einfach abwarten“ klingt erst mal schmerzhaft. Gerade, wenn man ein businesskritisches Projekt gestartet hat. Aber es heißt nicht, dass du untätig sein musst. Im Gegenteil – du kannst in dieser Phase einiges machen, um deine Sichtbarkeit aufzubauen, auch wenn Google zögerlich ist:
- Baue Präsenz auf anderen Kanälen auf. Wenn du eine LinkedIn-Seite hast: verknüpfe die Domain, poste aktiv Inhalte, nutze dein Netzwerk. Das bringt Nutzer vielleicht direkt auf deine Seite – und signalisiert Google indirekt, dass diese Domain tatsächlich von Menschen gebraucht wird.
- Prüfe deine Social Media-Strategie. Ein firmeneigenes YouTube- oder TikTok-Profil mag auf den ersten Blick nicht relevant fürs SEO wirken, aber Sichtbarkeit ist Sichtbarkeit. Wichtig ist, deinen Namen konsistent zu verwenden, sodass Leute deine Marke kennenlernen.
- Schau, dass du deine Inhalte so platzierst, dass Nutzer deine Marke auch außerhalb von Google finden. Reddit, Fach-Communities oder auch klassische PR können dabei helfen. Von meinen eigenen Erfahrungen her: wenn Google noch strauchelt, dann helfen echte Erwähnungen im Netz enorm, um Vertrauen herzustellen.
Und natürlich: baue weiter gute Inhalte auf. Auch wenn du nicht sofort die Rankings dafür bekommst, baust du langfristig eine solide Basis auf, die sich auszahlt, sobald Google die alte Domain-Historie hinter sich lässt.
Fazit: Abgelaufene Domains sind Glücksgriff und Risiko zugleich
Es ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite kannst du durch alte Backlinks und Erwähnungen vielleicht tatsächlich eine gewisse Starthilfe bekommen. Auf der anderen Seite kann es sein, dass die Domain Altlasten mit sich bringt – von alten Reputationsproblemen bis hin zu einem verzögerten Neuanfang.
Für dich heißt das: Erwarte keinen schnellen Boost. Sieh eine abgelaufene Domain eher als Chance mit Sonderbedingungen. Und denke daran: Selbst ganz neue Domains brauchen oft Monate, bis sie ordentlich Fahrt aufnehmen. Bei einer mit Vergangenheit kann es eben noch ein bisschen länger dauern.
Mein Tipp: Plane deine Strategie drumherum, nutze in der Zwischenzeit andere Kanäle und kommuniziere deine Marke aktiv. So stellst du sicher, dass Google nicht die einzige Quelle ist, über die dich deine Kunden finden – und wenn dann die Rankings langsam kommen, bist du schon breit aufgestellt.