Wenn ein großes Google-Update einschlägt, fühlt es sich manchmal an, als würde der Boden unter den Füßen wegbrechen. Besucherzahlen brechen ein, Rankings rutschen ab, das Management wird nervös – und man selbst schwankt zwischen Aktionismus und Panik. Doch genau hier zeigt sich, ob du dein SEO-Handwerk wirklich beherrschst. Schließlich ist SEO kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf – und algorithmische Erdbeben gehören zur Landschaft.
Wenn der Traffic einbricht – erst einmal ruhig bleiben
Der erste Impuls vieler: „Google hat uns bestraft!“ Aber Vorsicht mit schnellen Schuldzuweisungen. Nur weil ein Update veröffentlicht wurde und der Traffic gleichzeitig sinkt, heißt das noch lange nicht, dass beides zusammenhängt. Ich habe in meiner Laufbahn mehrmals erlebt, dass Teams hektisch Strategien geändert haben – und sich Wochen später herausstellte, dass die Ursache woanders lag.
Also: Fakten prüfen, bevor du reagierst. Kontrolliere zuerst alles, was aus deiner eigenen Umgebung stammen kann:
- Wurde kürzlich eine neue Website-Version oder ein technischer Rollout veröffentlicht?
- Gibt es Coding-Fehler, defekte Tracking-Implementierungen oder GA4-Tags, die plötzlich fehlen?
- Kann der Rückgang saisonal sein?
Manchmal zeigt sich, dass es gar kein Algorithmusproblem war – und dann ist schnelles Handeln kontraproduktiv. Ein klarer Kopf rettet hier mehr Umsatz als jede überstürzte Maßnahme.
Den Schaden richtig eingrenzen
Kein Algorithmus-Update trifft eine Website gleichmäßig. Meist sind es einzelne Inhaltscluster, Seitentypen oder Themen, die Federn lassen. Deshalb lohnt sich eine ruhige, strukturierte Analyse:
- Welche Seiten oder Bereiche sind betroffen?
- Welche Keywords haben verloren – und was dominiert stattdessen die SERPs?
- Hat sich die Intention verändert oder tauchen plötzlich andere Formate (z. B. Videos, Foren, KI-Antworten) auf?
Hier ist Geduld gefragt. Ich setze mich in solchen Fällen mit Kaffee an die Search Console und sehe mir explizit an, welche Themencluster unter Druck stehen. Oft ist es erstaunlich, wie engmaschig die Muster sind. Vielleicht sind es nur Informationsseiten, während transaktionale Inhalte stabil bleiben. Dann ist der Schaden fürs Geschäft geringer, als es der erste Blick auf die Kurve vermuten lässt.
Die Bedeutung der betroffenen Seiten einordnen
Nicht jeder verlorene Klick bedeutet verlorenes Geld. Du solltest herausfiltern, welche Seiten wirklich Umsatzrelevanz besitzen. Manche SEO-Teams versuchen reflexhaft, jede Einbuße auszugleichen – selbst bei Randseiten mit kaum Konversionspotenzial. Stattdessen kann es strategisch klüger sein, stabile Bereiche weiter zu stärken, um ihre Autorität auszubauen. Wenn du das deinen Stakeholdern erklärst, wird das Verständnis größer – und die Angst kleiner.
Kommunikation: ruhig, transparent und datenbasiert
Ich weiß, wie unangenehm es ist, wenn das Management plötzlich jeden Tag Zahlen sehen will. Aber Panik ist ansteckend – darum braucht es proaktive Kommunikation. Sprich mit deinen Stakeholdern, bevor es kracht. Bereite sie auf die Realität vor: SEO-Ergebnisse fluktuieren, Updates sind unvermeidbar, und Erholung braucht Zeit.
Je besser sie das verstehen, desto weniger müssen sie bei jedem Ausschlag auf den Dashboard-Grafiken zusammenzucken.
Wenn das Update dann doch zuschlägt, erkläre Schritt für Schritt:
- wie ihr überprüft, ob es sich tatsächlich um ein Algorithmusproblem handelt,
- welche Ursachen ausgeschlossen wurden,
- welche ersten Hypothesen ihr testet und in welchem Zeitraum Ergebnisse zu erwarten sind.
Das klingt banal, aber ich habe mehrfach erlebt, dass solche Transparenz Vertrauen schafft. Nichts ist schlimmer, als wenn Stakeholder das Gefühl bekommen, das SEO-Team reagiere kopflos oder halte Informationen zurück.
Das Gespräch lenken: von Panik zur Perspektive
Vermeide hitzige Diskussionen. Führe das Gespräch auf die größere Perspektive zurück: SEO ist eine Investition, keine Instantlösung. Vergleiche es mit einem Aktienportfolio – kurzfristige Schwankungen ändern nichts an der langfristigen Wachstumskurve, solange man an soliden Prinzipien festhält.
Zeig die langfristigen Elemente eurer Strategie und erkläre, wie diese auch jetzt greifen: technische Stabilität, Content-Qualität, Themenautorität, interne Verlinkung.
Wenn du frühere Fälle von Traffic-Verlust und Wiederherstellung zeigen kannst, umso besser. Stakeholder reagieren viel rationaler, wenn sie ein Muster erkennen, das schon einmal funktioniert hat.
Wieder aufbauen statt wild reparieren
Nach einem großen Update überkommt viele SEOs die Versuchung, sofort alles umzuwerfen – Inhalte zu löschen, Strukturen zu ändern, desperate Redirects zu legen. Oft verschlechtert das die Situation weiter.
Ich rate in solchen Momenten: Stoppen, analysieren, dann adaptieren. Fokussiere dich auf Qualitätsfaktoren. Wenn Seiten mit dünnem, generischem Schreibstil abgestraft wurden, investiere in Tiefe und Expertise. Wenn konkurrierende Seiten ein klareres thematisches Profil haben, schärfe die Inhalte nach. Kuratierte Verbesserungen sind nachhaltiger als hektische Rundumschläge.
Überprüfe außerdem technische Muster: langsame Ladezeiten, überladene Vorlagen, wiederkehrende Duplicate-Content-Probleme. Häufig trifft das Update nur bestimmte Seitentypen – Produktbeschreibungen, Blog-Unterkategorien oder Ratgeberseiten. Ein gezielter Eingriff ist besser, als die gesamte Website auf links zu drehen.
Methodisch statt panisch
Ich formuliere in solchen Fällen immer einen klaren Untersuchungsplan:
1. Welche Keywords, Seiten und Cluster haben verloren?
2. Wie sieht die Konkurrenz jetzt aus?
3. Welche Hypothesen lassen sich aus Daten belegen?
4. Welche Maßnahmen zahlen auf unser langfristiges Konzept ein?
Das mag unaufgeregt klingen, aber genau diese Sachlichkeit überzeugt Vorgesetzte – weil du zeigst, dass du nicht reagierst, sondern steuerst. Und mittelfristig bringt dir dieser Ansatz meist auch das bessere Ergebnis, weil du die Ursachen wirklich verstehst.
Geduld: Der unterschätzte Hebel im SEO
Jeder, der länger in diesem Beruf arbeitet, weiß: Erholung nach Updates dauert. Selbst wenn du die richtigen Maßnahmen sofort einleitest, rekalibrieren sich Rankings erst nach Wochen oder Monaten. Und manchmal reguliert sich vieles ganz ohne Zutun, weil Google Feineinstellungen innerhalb der Rollouts macht. Stakeholdern fällt es schwer, das auszuhalten – da hilft wieder Kommunikation.
Zeig wöchentlich Trends, nicht Tageswerte. Erkläre, dass Algorithmen kein lineares Feedback liefern. Und betone: Jede Anpassung soll die Website strukturell stärken, nicht nur das Symptom heilen.
Langfristige Perspektive sichern
Das Ziel ist nicht, das nächste Update zu „überleben“, sondern künftige Schwankungen gelassener abzufangen. Dafür brauchst du eine Standfestigkeit in Strategie und Prozessen:
- Bau Content mit echtem Mehrwert – Fachwissen, Tiefe, Nutzen.
- Pflege saubere interne Strukturen und technische Exzellenz.
- Schaffe Verständnis bei Stakeholdern, dass Stabilität wichtiger ist als kurzfristiger Ruhm.
- Analysiere Updates retrospektiv: Was hat unser Wachstum verlangsamt, was hat es gestärkt?
Manchmal erzähle ich meinem Team: Ein Algorithmus-Update ist wie eine Grippe fürs Web. Sie schwächt kurzfristig, aber wer gesund lebt, kommt besser durch. Websites, die konstant in Qualität investieren, werden über die Jahre robuster – Updates werden dann eher Stress-Tests als Katastrophen.
Mein Fazit
Wenn ein Update einschlägt, ist das kein Weltuntergang – mehr eine Einladung, genauer hinzuschauen. Atme durch, prüfe die Fakten, informiere transparent, bleibe bei der Strategie. Reagiere datenbasiert, nicht aus Angst. Und erinnere alle Beteiligten daran, dass wahres SEO-Wachstum in Jahren gemessen wird, nicht in Tagescharts.
Letztlich ist genau diese Haltung – ruhig, methodisch, langfristig – das, was gute SEOs von den nervösen Klickjägern unterscheidet. Und wenn du das nächste Mal vor deinen Stakeholdern sitzt und sie fragen: „Was machen wir jetzt?”, kannst du selbstbewusst sagen:
„Wir bleiben dran. Mit Plan – nicht mit Panik.“