Wenn man ehrlich ist, hat sich die Art und Weise, wie Menschen mit Suchmaschinen interagieren, in den letzten Jahren dramatisch verändert. Seit Google seine AI Overviews eingeführt hat, ist die klassische SERP – also die gewohnte Liste von blauen Links – längst nicht mehr das, was sie einmal war. Heute beantwortet Google Fragen direkt, und künstliche Intelligenz fasst die wichtigsten Informationen zusammen. Das klingt bequem für Nutzer, bedeutet aber eine gewaltige Umstellung für alle, die online Sichtbarkeit aufbauen wollen – ganz besonders, wenn es um mehrsprachige Inhalte geht.
Eine aktuelle Analyse zeigt, wie groß der Vorsprung übersetzter Websites in dieser neuen Suchwelt ist. In Zahlen: 327 % mehr Sichtbarkeit in AI Overviews im Vergleich zu nicht übersetzten Seiten. Das ist kein kleiner Unterschied, sondern ein klarer Hinweis darauf, dass mehrsprachige Inhalte nicht länger nur eine nette Ergänzung sind – sie sind ein zentraler Bestandteil moderner SEO-Strategien geworden.
Wie sich die Suche wirklich verändert
Früher konntest du mit gut optimierten Texten, Backlinks und der richtigen Keyword-Strategie in den organischen Ergebnissen landen. Heute übernimmt KI den Platz, den du einst auf Seite eins hattest. Sie entscheidet, welche Quellen „vertrauenswürdig“ wirken, zieht Zitate aus verschiedenen Sprachen heran und kombiniert sie zu einer Antwort. Wer hier nicht auftaucht, verliert Reichweite – und zwar nicht, weil der Inhalt schlecht ist, sondern weil er sprachlich nicht sichtbar ist.
Genau hier setzt der entscheidende Punkt an: Wenn deine Website nur in einer Sprache existiert, stehen die Chancen schlecht, dass eine KI sie erkennt, versteht oder gar zitiert, wenn der Nutzer seine Anfrage in einer anderen Sprache stellt. Im schlechtesten Fall landet der Besucher zwar auf einer übersetzten Google-Proxy-Seite, aber du bekommst davon weder Klicks noch Daten – und das ist für jedes Unternehmen ein herber Verlust.
Was die Daten tatsächlich zeigen
In einer Untersuchung, bei der über eine Million Zitate aus Google AI Overviews und ChatGPT ausgewertet wurden, wurde dieser Effekt messbar gemacht. Dabei betrachtete man spanischsprachige Websites in Spanien und Mexiko – teils ohne englische Übersetzung, teils mit. Diese Vergleichsgruppen lieferten klare Muster:
Unübersetzte Seiten verlieren massiv an Sichtbarkeit
Für spanischsprachige Suchanfragen schnitten die untersuchten Websites erwartungsgemäß gut ab. Doch sobald dieselben Suchanfragen auf Englisch formuliert wurden, brach die Sichtbarkeit dramatisch ein – bis zu 400 % weniger Nennungen in den AI Overviews. Kurz gesagt: die Seiten existierten in der englischen „KI-Welt“ quasi nicht mehr.
Übersetzte Seiten holen alles wieder auf – und mehr
Ganz anders die Websites, die auch englische Versionen anboten. Hier sank die Differenz zwischen den Sprachen auf nur noch rund 20 % – ein fast ausgeglichener Wert. Im Gesamtergebnis erreichten übersetzte Seiten 327 % mehr Sichtbarkeit als ihre einsprachigen Pendants und erhielten zusätzlich im Schnitt ein Viertel mehr Zitate pro Suchanfrage. Bemerkenswert: Bei ChatGPT verschwand das Ungleichgewicht fast vollständig. Übersetzung machte die Inhalte also universell zugänglich.
Warum Übersetzung mittlerweile ein SEO-Signal ist
Die klassischen Faktoren der internationalen Suchmaschinenoptimierung – hreflang-Tags, lokalisierte Keywords oder regionale Backlinks – sind natürlich nicht verschwunden. Doch das Entscheidende hat sich verschoben: Übersetzung selbst ist zum Ranking-Signal geworden. KI-basierte Suchsysteme, die in mehreren Sprachen trainiert wurden, bevorzugen Inhalte, die sie besser verstehen können. Wenn deine Website in mehreren Sprachen verfügbar ist, wirkt sie für den Algorithmus relevanter, bestätigter und globaler.
- Sprachliche Übereinstimmung: KI-Systeme bevorzugen Inhalte im selben Sprachkontext wie die Suchanfrage.
- Autoritätssignal: Mehrsprachiger Content zieht Interaktionen aus verschiedenen Märkten an – was Algorithmen als Vertrauensfaktor deuten.
- Traffic-Kontrolle: Eigene Übersetzungen verhindern, dass Google Translate-Seiten den Besuch abfangen.
- Semantische Reichweite: Mit jeder Sprache wächst der Datenraum, in dem deine Inhalte für KI überhaupt „sichtbar“ werden.
Praktisch bedeutet das: Wenn deine Seite nicht in der Sprache vorhanden ist, in der die Frage gestellt wurde, wird sie in der Antwort der KI mit hoher Wahrscheinlichkeit fehlen.
Was das für Unternehmen heißt
Ein konkretes Beispiel aus der Studie: Ein großer spanischer Online-Buchhändler verkaufte englischsprachige Bücher, hatte aber keine englische Version seiner Website. Das Ergebnis? 64 % weniger Präsenz in AI Overviews und ChatGPT bei englischen Suchanfragen. In mehr als einem Drittel der Fälle, in denen der Anbieter dennoch auftauchte, führte der Link nicht auf seine Seite, sondern auf eine automatisch übersetzte Proxy-Version. So entging ihm nicht nur der Besuch, sondern oft auch der Kauf.
Solche Fälle zeigen, dass Übersetzung heute direkt mit Umsatz zusammenhängt. Sie ist kein reines Marketinginstrument mehr, sondern eine Grundbedingung für digitale Sichtbarkeit – und zwar überall dort, wo KI entscheidet, was der Nutzer sieht.
Wie du daraus eine Strategie machst
Das Wichtigste: Übersetze nicht einfach nur Wörter, sondern Inhalte. Eine gute technische Lösung sorgt dafür, dass jede Sprachversion korrekt indexiert ist, Metadaten übernommen werden und die Verbindung zwischen den Varianten klar bleibt (z. B. durch hreflang-Tags). Nur so kann Google – oder ein anderes KI-Modell – die Seiten richtig zuordnen und bewerten.
Daneben lohnt sich ein Blick auf semantische Konsistenz: Begriffe, die in anderen Märkten anders gesucht werden, müssen korrekt angepasst werden. Wer zum Beispiel in spanischsprachigen Märkten von „inteligencia artificial“ spricht, in englischen aber von „AI“, sollte beide Begriffe gezielt in seine Inhalte integrieren. Übersetzung bedeutet also auch lokale Relevanz.
Was du sofort umsetzen kannst
- Analysiere deinen aktuellen Traffic: Welche Länder oder Sprachen dominieren, und von wo bekommst du Potenzialbesuche?
- Wähle 1–2 Kernmärkte, in denen du Inhalte übersetzt und optimierst.
- Stelle sicher, dass technische SEO-Elemente wie URL-Struktur, hreflang und Sitemaps sprachübergreifend sauber funktionieren.
- Vermeide automatische Proxy-Übersetzungen, die deinen Traffic „stehlen“.
- Prüfe regelmäßig, ob deine übersetzten Seiten auch in den lokalen Suchergebnissen gefunden werden.
Ich habe selbst in Projekten erlebt, wie stark sich das auswirkt. Ein Kunde, der seine Produktseiten auf Französisch, Deutsch und Englisch verfügbar machte, verzeichnete innerhalb weniger Monate deutlich mehr organischen Traffic – nicht nur in den neuen Sprachen, sondern auch im Ursprungsmarkt. KI scheint solche Seiten schlicht als qualitativer einzustufen.
Fazit: Übersetze, oder du bleibst unsichtbar
Das vielleicht härteste, aber treffendste Ergebnis aus der gesamten Analyse: Unübersetzt bedeutet ungesehen. In der Welt der AI Overviews und sprachbasierten Modelle wird Sichtbarkeit zu einem globalen Wettbewerb – und nur Websites, die wirklich mehrsprachig sind, nehmen daran teil. Übersetzung ist kein Luxus, sondern deine Eintrittskarte in die KI-gesteuerte Suche.
Wenn du also möchtest, dass Suchmaschinen – und die Systeme, die auf ihnen aufbauen – dich überhaupt noch wahrnehmen, dann sorge dafür, dass deine Inhalte sprachlich breit aufgestellt sind. Es geht nicht nur um Zugänglichkeit, sondern um Relevanz. Und ehrlich: lieber einmal investieren, als künftig in keiner Antwort mehr aufzutauchen.
Mehrsprachige SEO ist damit nicht länger Spezialdisziplin, sondern Grundvoraussetzung. Übersetzung ist heute das neue Ranking-Signal – und vielleicht der unterschätzteste Hebel, um in der kommenden KI-Ära überhaupt sichtbar zu bleiben.