Google hat mit dem AI Mode die Art, wie Suchergebnisse entstehen, verändert – aber die Grundlagen sind nicht so neu, wie viele denken würden. In einem Gespräch erklärte Robby Stein, Vizepräsident für Produktmanagement bei Google Search, wie das Unternehmen seine jahrzehntelange Erfahrung in die neuen KI-basierten Suchsysteme einfließen lässt. Er sprach darüber, wie Google Halluzinationen – also falsche KI-Antworten – kontrolliert, wie es die Nützlichkeit von Inhalten bewertet und worauf Webseitenbetreiber achten sollten, wenn sie in der neuen Suchwelt sichtbar bleiben wollen.
Erfahrung als Fundament der KI-Suche
Was Stein besonders betont, ist, dass Google beim AI Mode nicht „bei null“ angefangen hat. Im Gegenteil: Die neuen Modelle bauen auf 25 Jahren Erfahrung mit klassischen Suchalgorithmen auf. All die Systeme, mit denen Google Relevanz, Vertrauenswürdigkeit und Qualität von Inhalten bestimmt, wurden nicht abgeschafft, sondern in die KI-Strukturen integriert. Der AI Mode nutzt diese Signale als eine Art fest eingebaute Qualitätslenkung.
Wenn du also befürchtest, KI-basierte Antworten könnten einfach „irgendwas erfinden“, beruhigt Stein: Das tut Google alles dafür, um diese Risiken zu minimieren. KI-Antworten werden auf Basis von Suchsignalen, Bewertungsalgorithmen und menschlichem Feedback erzeugt, die über Jahrzehnte gereift sind. Natürlich können Fehler passieren, aber das System hat gelernt, Fehlinterpretationen mit einem dichten Netz an Richtlinien und Feedbackzyklen abzufangen.
Wie Google Halluzinationen in KI-Antworten verhindert
Ein Problem vieler Sprachmodelle ist ihre theoretische Kreativität – sie „erfinden“ manchmal Fakten, die gar nicht stimmen. Google begegnet dem mit einem mehrstufigen Ansatz. Laut Stein ist im AI Mode jede Antwort an die Qualitätsmechanismen gebunden, die bereits in der normalen Suche arbeiten. Das KI-Modell wird dabei zu einem Werkzeug, das auf Grundlage dieser Qualitätsvorgaben „denkt“.
Stell dir das so vor: Wenn du Google nach einem Restaurantvorschlag fragst, durchforstet das Modell Millionen bewährter Suchsignale, darunter Nutzerbewertungen, Interaktionsraten und Quellenvertrauen. Das System „weiß“, welche Art von Informationen in solchen Fällen schon immer hilfreich war. Dadurch kann es relevante Quellen auswählen, statt blind Text zu generieren. Das Ziel: verlässliche, nachvollziehbare Antworten, die auf echten Signalen basieren, nicht auf Vermutungen.
Stein machte klar, dass solche Stabilität nur deshalb möglich ist, weil die „alte“ Google-Suche nie abgeschafft, sondern in KI integriert wurde. So entsteht eine Art Hybridstruktur – ein neuronales Modell, das weiterhin auf die Datenbanken und Signale klassischer Rankings zurückgreift. Ein schönes Beispiel für das Prinzip „Evolution statt Revolution“.
Wie Google die Nützlichkeit eines Ergebnisses bewertet
Zentral für alle Veränderungen bleibt das, was Google schon immer interessiert hat: die Absicht des Nutzers und die Frage, ob dieser tatsächlich findet, was er sucht. Nur sind die Methoden heute komplexer. Stein beschreibt, dass Google sowohl quantitative Daten (wie Klicks, Verweildauer, Wiederkehrquote) als auch qualitative Rückmeldungen (z. B. Daumen nach oben/unten, Textfeedbacks) kombiniert, um festzustellen, ob eine Antwort wirklich hilfreich war.
Interessant ist seine Bemerkung, dass viel Nutzung nicht automatisch ein gutes Zeichen ist. Wenn jemand mehrmals dieselbe Anfrage stellt, ist das Gegenteil der Fall – es deutet darauf hin, dass die Antwort unbefriedigend war. Google misst also nicht nur, ob du klickst, sondern auch, ob du danach „fertig“ bist. Diese feine Unterscheidung entscheidet darüber, ob ein Inhalt langfristig als wertvoll gilt.
Auch hier bleibt der rote Faden: AI Mode lernt von Sucherfahrung. Feedback aus klassischen Suchinteraktionen wird weiterverwendet, um herauszufinden, welche Art von Information „hilfreich“ ist. Der AI Mode ist damit weniger eine neue Suchmaschine als eine neue Oberfläche auf denselben Prinzipien. Nur die Art, wie Ergebnisse dargestellt werden – dialogisch, interaktiv, kontextbezogen – ist neu.
Beispiele aus der Praxis
Wenn du einen Shop betreibst, der z. B. „nachhaltige Sneaker“ verkauft, prüft Google im AI Mode dieselben Dinge wie früher: Nutzt du klare Begriffe? Ist die Ladezeit akzeptabel? Gibt es authentische Bewertungen? Aber neu ist, dass die KI diese Antworten in eigene Empfehlungen einbaut – z. B. „Hier sind drei Shops, die nachhaltige Sneaker mit guten Bewertungen anbieten“. Dein Ziel bleibt also, die hilfreichste, vertrauenswürdigste Informationsquelle zu sein.
Die fünf Schlüsselfaktoren für SEO im AI Mode
Zum Schluss wurde Stein gefragt, ob klassische SEO-Prinzipien in der neuen KI-Welt überhaupt noch gelten. Seine Antwort war eindeutig: Ja – und zwar mehr denn je. Er nannte fünf Faktoren, nach denen Google Inhalte sowohl im klassischen als auch im KI-Ranking beurteilt:
- Deckt dein Inhalt die Nutzerfrage vollständig ab?
Das mag banal klingen, ist aber der Kern des Erfolgs. In einer KI-gesteuerten Suche analysiert das Modell, ob dein Text – oder deine Seite – die Intent-Variante wirklich beantwortet. Oberflächliche Antworten verlieren hier schnell den Anschluss. - Ist der Inhalt qualitativ hochwertig?
Google achtet stärker denn je auf Struktur, korrekte Angaben, einzigartige Informationen und ein glaubwürdiges Format. Die altbekannten Konzepte wie E‑E‑A‑T (Experience, Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness) bleiben Bausteine der Bewertung. - Lädt die Seite schnell und funktioniert technisch einwandfrei?
Technische Performance (Core Web Vitals etc.) wird zur Selbstverständlichkeit. Wer daran spart, wird für KI-generierte Suchergebnisse kaum relevant sein. Stein betont hier die Nutzererfahrung als Bewertungsgrundlage. - Ist der Inhalt originell?
KI-generierte Masseninhalte verlieren an Bedeutung. Google erkennt zunehmend, wenn Texte stark standardisiert oder aus bestehenden Daten zusammengesetzt sind. Originalität – im Sinne echter Perspektiven, Beispiele oder Daten – bleibt entscheidend. - Werden Quellen und Belege angegeben?
In einer Welt, in der Desinformation maschinell verbreitet werden kann, wird das Verlinken glaubwürdiger Quellen zu einem zentralen Relevanzfaktor. Seiten, die nachvollziehbar zeigen, woher ihre Informationen stammen, genießen mehr Vertrauen – sowohl beim Nutzer als auch bei der KI-Struktur.
Diese fünf Punkte sind im Grunde die konservative Fortsetzung dessen, was SEO immer war – aber sie werden durch KI in ihrem Kontext verstärkt. Wenn die KI eine Antwort formuliert, zieht sie Daten aus jenen Inhalten, die diesen Kriterien am besten entsprechen. Anders gesagt: Die neue Suchmaschine „zitiert“ dein gutes SEO.
Was das praktisch für dich bedeutet
Wenn du künftig mit deinen Inhalten in den KI-Antworten auftauchen willst, reicht reines Keyword-Optimieren nicht mehr. Du musst Themen holistisch darstellen, also ein vollständiges Bild der Nutzerfrage abdecken. Baue also Seiten so auf, dass sowohl eine Maschine als auch ein Mensch sofort erkennen, worum es geht, warum du vertrauenswürdig bist und dass du den Kontext verstehst.
Ein Beispiel: Wenn jemand fragt „Wie wähle ich einen Stromvertrag für Solaranlagen?“, funktioniert eine 200-Wörter-Antwort mit Stichpunkten kaum. Besser ist eine klare, strukturierte Seite mit Erklärungen, Vorteilen, Beispielrechnungen und verlinkten Quellangaben. Die KI erkennt die Tiefe deiner Expertise und wählt dich eher als Referenz.
Veränderte, aber vertraute Zukunft
Das Spannende an Steins Aussagen ist, dass sie keine Revolution, sondern eine Evolution des Vertrauenssystems beschreiben. Alles dreht sich um Signale, die Google seit Jahren nutzt: Klickverhalten, Interaktionsdauer, Rückkehrwahrscheinlichkeiten, Autorität – nur die technische Umsetzung wird komplexer. Es geht weniger darum, die KI „auszutricksen“, sondern darum, sie verstehen zu lassen, dass dein Angebot das ist, was der Nutzer wirklich sucht.
Letztlich bleibt das Ziel gleich: Hilfreiche Inhalte für Menschen schaffen. Die KI hilft Google lediglich, diese Inhalte schneller zu erkennen. Dabei wird auch der Spielraum für Manipulation kleiner. Wer versucht, Systeme durch Taktik zu überlisten, wird es immer schwerer haben, weil die neuen Modelle Mustererkennung auf semantischer Ebene betreiben – sie merken, ob Texte „mechanisch optimiert“ sind oder echten Mehrwert liefern.
Mein Fazit
Aus meiner Sicht steckt hinter dieser Entwicklung etwas Beruhigendes. Die über Jahre gepflegten SEO-Prinzipien gelten weiterhin: Relevanz, Vertrauenswürdigkeit, technische Sauberkeit, Originalität. Google dreht nur an der Oberfläche – die Bewertungsmatrix bleibt dieselbe.
Das bedeutet für dich: Konzentriere dich auf Qualität, nicht auf Tricks. Erstelle Inhalte, die du selbst gerne lesen würdest und die überprüfbar, ehrlich und nützlich sind. Dann spielt es keine große Rolle, ob die Antwort von einem traditionellen Algorithmus oder von einer KI zusammengestellt wird – sie wird dich finden, wenn du wirklich hilfreich bist.
So gesehen, ist AI Mode weniger eine Herausforderung als eine Einladung, zu alter SEO-Tugend zurückzukehren – nur diesmal mit noch präziserem Feedback und einer Suchmaschine, die menschliche Erwartungen ein kleines Stück besser versteht.