Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die Art, wie wir Suchmaschinen benutzen, leise aber radikal ändert, ohne dass wir es sofort bemerken. Genau so ist es gerade mit den sogenannten Google AI Overviews. Diese Funktion, die dir in den Suchergebnissen eine Art zusammenfassenden Überblick liefert, überlappt mittlerweile in mehr als der Hälfte der Fälle mit den klassischen, organischen Ergebnissen. Aber – und das ist spannend – nicht überall gleich. Vor allem im Bereich E‑Commerce scheint es fast wie eine andere Welt zu sein.
Ein Blick auf die Zahlen
Die aktuellen Daten zeigen, dass ca. 54 % der Webseiten, die in den AI Overviews zitiert werden, gleichzeitig auch in den normalen Suchergebnissen erscheinen. Das klingt nach einer hohen Überschneidung, bedeutet aber auch: fast die Hälfte der Inhalte kommt aus einer anderen Quelle oder wird zumindest anders gewichtet. Gerade dieser Punkt verrät einiges über die Funktionsweise von Googles Such-Ökosystem.
Aus meiner Erfahrung ist es ein typischer Reflex von SEOs, gleich nach Backlinks, Meta-Tags und klassischen Ranking-Kriterien zu fragen. Doch genau das greift hier oft zu kurz. Google scheint bei den AI-Overviews zunehmend seinen FastSearch-Ansatz zu nutzen – ein System, das stark auf Nutzersignale, semantische Muster und maschinelles Lernen setzt. Statt immer auf Links oder Autorität einer Domain zu schauen, werden Inhalte bevorzugt, die sich nachweislich mit dem decken, was User wirklich sehen wollen.
Wie FastSearch funktioniert
Bei FastSearch spielen Klick- und Abfragedaten eine große Rolle. Wenn Nutzer bei gewissen Suchanfragen besonders häufig Videos wählen, „lernt“ das System daraus. Es versteht: für diese Art Frage sind Tutorials besser als lange Textseiten. Genau deshalb sind die Überschneidungen mit klassischen Ergebnissen zwar hoch, aber nie vollständig. Denn die organische Suche folgt immer noch anderen Signalen, während FastSearch klar auf intentionale Muster blickt.
Verschiebungen im Zeitverlauf
Was mich beeindruckt: Als die AI Overviews gestartet sind, lag die Überschneidung nur bei etwa 32 %. In anderthalb Jahren stieg der Wert auf 54 %. Das heißt, die Systeme nähern sich an – vielleicht, weil Google die Qualität verbessern wollte oder weil Nutzer so mehr Vertrauen in die Antworten entwickeln. In jedem Fall zeigt es: diese Entwicklung ist kein kurzweiliges Experiment, sondern auf Wachstum angelegt.
Spannende Unterschiede je nach Branche
Noch interessanter wird es, wenn man sich die einzelnen Branchen anschaut. Die Varianz ist nämlich enorm.
- Health & Medizin: rund 75 % Überschneidung. Es ist naheliegend, denn hier erwarten Nutzer seriöse Quellen wie Kliniken, staatliche Einrichtungen oder etablierte Portale. Google scheint sich stärker an diesen Erwartungen zu orientieren.
- Bildung: von anfangs 19 % auf über 72 % gestiegen. Dieser Sprung ist fast schon spektakulär und deutet darauf hin, dass Google Hochschulen, Lernplattformen und seriöse Quellen sehr gezielt integriert.
- Versicherung & Finanzen: ebenfalls deutlich gestiegen, auf fast 69 %.
- E‑Commerce: nur bei knapp 23 % und nahezu unverändert. Hier sieht man klar: AI Overviews eignen sich nur begrenzt, wenn Menschen eigentlich kaufen möchten.
Und genau an diesem Punkt wird es heikel: Wenn du einen Ratgeber über Versicherungen schreibst, könnte deine Seite relativ leicht im AI Overview landen – sofern du seriös und nutzerzentriert arbeitest. Aber wenn du einen Online-Shop betreibst, dann macht diese Technologie im Moment wenig für dich her. AI Overviews erklären gut, was es gibt, aber sie ersetzen nicht das Einkaufserlebnis.
Warum gerade E-Commerce kämpft
Ehrlich gesagt überrascht mich das nicht. AI-gestützte Zusammenfassungen sind stark in der Recherchephase, aber wenn jemand konkret kaufen will, braucht er Produkte, Filter, Bewertungen, Warenkorb. Das alles kann Google in einem AI Overview gar nicht abbilden – zumindest noch nicht. Daher nimmt die Abdeckung im Handel sogar leicht ab.
Was bedeutet das für dich und dein SEO?
Wenn du mich fragst, gibt es drei wesentliche Erkenntnisse:
- Content bleibt der Kern: Schreibe so, dass dein Inhalt wirklich den Bedarf des Nutzers trifft. SEO ist weniger ein Kampf um Tricks, sondern darum, Erwartungen exakt zu erfüllen.
- Branchenabhängig denken: Im Gesundheitswesen oder bei Bildung musst du dich anstrengen, wie ein „anerkanntes“ Standardwerk zu wirken. Im Handel reicht es aber nicht, im AI-Kasten zu stehen – dort zählen klassische Rankings, Usability und Conversion-Optimierung weiterhin mehr.
- Verlauf beobachten: Die Überschneidung steigt. Es wäre fahrlässig, nicht regelmäßig zu prüfen, wie stark deine Inhalte sowohl in organischen Ergebnissen als auch in Overviews auftauchen. So erkennst du Trends, bevor du abgehängt wirst.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass viele Marketer diese KI-Overviews als eine Art „Nebenprodukt“ betrachten. Das ist aus meiner Sicht gefährlich. Sie sind längst ein sichtbarer Bestandteil der Suchergebnisse, und Google schiebt das Thema nicht ohne Grund so aggressiv nach vorn. Der Aufwand, Inhalte doppelt – für den klassischen Index und für AI – zu optimieren, mag anstrengend sein, aber es wird unvermeidbar.
Fazit
Die Botschaft ist klar: über 50 % Überschneidung bedeuten, dass AI Overviews das klassische SEO nicht ersetzen, aber subtil verändern. In vielen Branchen wächst der Gleichlauf, was klare Chancen eröffnet. E‑Commerce dagegen bleibt ein Sonderfall – wahrscheinlich, weil Kaufen etwas anderes erfordert als bloße Information.
Wenn du langfristig sichtbar bleiben willst, solltest du also zweigleisig fahren: erstens traditionelle SEO-Hygiene pflegen, zweitens deine Inhalte so modellieren, dass sie genau den Informationshunger stillen, den AI Overviews bedienen. Das ist kein Widerspruch, sondern eher ein „sowohl als auch“.
Ich bin sicher: Wer die nächsten ein bis zwei Jahre konsequent nutzt, Inhalte präzise an Nutzerintention ausrichtet und flexibel beobachtet, was sich ändert, wird von dieser Entwicklung profitieren – und nicht darunter leiden.