Die Kontrolle über KI-Crawler – ein stiller, aber entscheidender Teil moderner SEO-Arbeit
Wer ernsthaft mit Suchmaschinenoptimierung arbeitet, weiß: Sichtbarkeit entsteht nicht mehr nur über klassische Suchmaschinen. KI-getriebene Inhalte wie ChatGPT-Antworten, Google Gemini oder Claude-Zusammenfassungen greifen längst selbstständig auf Websites zu. Ob dein Content dort überhaupt auftaucht, hängt maßgeblich davon ab, ob diese KI-Crawler auf deine Seite zugreifen dürfen – und wie du sie kontrollierst.
In den letzten Monaten habe ich mich intensiv mit Server-Logs und User-Agent-Strings beschäftigt. Dieser Text basiert auf genau solchen praktischen Analysen: Ich zeige dir, wie du KI-Crawler erkennst, wie du sie über deine robots.txt steuerst und wie du legitime Bots von Fake-Anfragen unterscheidest. Es ist erstaunlich, wie schnell sich dieser Bereich entwickelt – teilweise fast chaotisch. Doch wenn du einmal verstanden hast, wie du das Verhalten der Bots in den Griff bekommst, bekommst du gleichzeitig einen echten Hebel über deine Sichtbarkeit im KI-Ökosystem.
Warum KI-Crawler deine Website überhaupt interessieren
KI-Plattformen brauchen Daten – und zwar in gigantischem Ausmaß. Egal ob ChatGPT, Claude, Gemini, Perplexity oder Bing Copilot: Sie greifen alle regelmäßig auf öffentlich zugängliche Webseiten zu, um Textmengen für ihre Modelle oder für Live-Suchergebnisse zu sammeln.
Wenn du diesen Zugriff blockierst, bist du für viele KI-Suchen schlicht „unsichtbar“. Das kann in manchen Fällen gewünscht sein (wenn du keine Inhalte in Trainingsdaten sehen willst), oft aber verlierst du damit Reichweite in neuen, KI-getriebenen Discovery-Plattformen.
Andererseits können unkontrollierte Bots massive Serverlast verursachen – teilweise tausende Zugriffe pro Stunde. Ich habe in meinen Logs Fälle gesehen, wo ChatGPT-ähnliche Bots täglich tausende Seitenaufrufe erzeugten. Die Balance zu finden zwischen Schutz der Serverressourcen und gezielter Sichtbarkeit ist daher zentral.
Wie du KI-Crawler erkennen und klassifizieren kannst
Jeder Bot teilt sich normalerweise durch einen sogenannten User-Agent-String mit. Darin steht, welcher Dienst gerade eine Seite abruft. Offizielle Quellen, etwa von OpenAI, Google oder Anthropic, veröffentlichen gelegentlich Listen ihrer Bots – doch diese sind oft unvollständig oder veraltet.
Ich habe mich deshalb auf reale Daten aus Logfiles gestützt. Aus Hunderttausenden Aufrufen ließ sich ein klares Muster erkennen. Die wichtigsten (stand Dezember 2025) sind etwa:
- GPTBot – der Standard-Crawler von OpenAI für Trainingsdaten. Taucht mit moderatem Crawl-Volumen auf (etwa 100 Seiten pro Stunde), eindeutig erkennbar durch „GPTBot/1.3“ im User-Agent.
- ChatGPT-User – viel intensiver aktiv, da er echte Nutzeranfragen abarbeitet. Manche Websites sehen bis zu 2.000 Anfragen pro Stunde.
- ClaudeBot – von Anthropic, meist ruhiger unterwegs, aber regelmäßig beim Training aktiv.
- Gemini-Deep-Research – der neue Forschungs-Bot von Google, stark integriert in AI Overviews.
- Bingbot – weiterhin der Standardcrawler für Microsoft-Suche, gleichzeitig auch Datenquelle für Copilot.
Die vollständige Liste ist riesig – von Applebot-Extended über Meta-WebIndexer bis hin zu kleineren Bots wie Perplexity oder Diffbot. Alle nutzen eigene Strukturen und melden sich mit individuellen Agenten an.
Besonders spannend wird es bei sogenannten Agenten für Echtzeit-Zugriffe – also Fällen, in denen ein Benutzer einer KI wie ChatGPT oder Perplexity aktiv eine Website öffnet. Diese Bots „verkleiden“ sich oft und tauchen kaum unterscheidbar von echten Browsern auf. Für uns SEOs heißt das: Analyse nur über den Absender‑IP‑Bereich oder Logkorrelation möglich.
Die Schattenseite: Bots ohne Identität
Während große Modelle wie GPTBot oder Bingbot transparent auftreten, arbeiten einige bekannte Anbieter deutlich verdeckter. In meinen Logs fand ich mehrere Zugriffe von Bots, die keinerlei eindeutigen User-Agent enthielten – Erstverdacht: you.com, Bing Copilot, vielleicht sogar Musk’s Grok.
Ich konnte sie nur durch „Trap-Pages“ identifizieren: spezielle Seiten, die künstlich in einer Chat-Anfrage erwähnt werden. Wenn plötzlich jemand diese spezifische URL aufruft, weißt du, wer der Absender ist. Solche Tests zeigen, dass viele KI-Dienste ihre Crawler nicht offen deklarieren – technisch sauber, ethisch aber fragwürdig, da so Datensammlung oft gegen die Crawler-Konventionen verstößt.
Noch schwieriger sind neue sogenannte agentische Browser wie ChatGPT Atlas oder Comet. Sie nutzen schlicht deine reguläre Browser-Identität, wenn sie eine Seite analysieren. In deinen Logs siehst du dann nur einen Chrome‑User-Agent – ohne jeden Hinweis auf KI-Herkunft. Es ist, als würde ein Mensch deine Seite besuchen, in Wahrheit steckt aber eine KI dahinter. Für Analyse-Teams ein echtes Problem.
So findest du heraus, wer dich wirklich besucht
Wenn du auf einem Managed Server arbeitest, kannst du in der Regel über die Benutzeroberfläche auf Log-Dateien zugreifen. Ansonsten liegt die Datei oft unter
/var/log/apache2/access.log oder /usr/local/apache/logs/access.log.
Diese Logs kannst du dann in Tools wie Screaming Frog Log Analyzer, Excel oder Google Sheets öffnen. Besonders spannend sind Zeilen mit ungewöhnlich hohem Zugriff aus derselben IP in kurzer Zeit – das deutet fast immer auf Bots hin.
Wenn dein Log zu groß ist (über 100 MB), kannst du abschnittsweise mit einer KI analysieren – zum Beispiel Gemini „Ask about file content“. Praktisch, aber bitte Vorsicht mit sensiblen Daten.
Wie du echte von gefälschten Bots trennst
Das Thema Spoofing ist real: Jeder kann mithilfe eines simplen Befehls so tun, als wäre er ClaudeBot oder GPTBot. Etwa so:
curl -A 'Mozilla/5.0 (compatible; ClaudeBot/1.0; +claudebot@anthropic.com)' https://example.com
In deinem Log erscheint dieser Zugriff dann wie ein echter ClaudeBot. Erst der Abgleich der IP zeigt den Unterschied.
Offizielle Anbieter veröffentlichen (meist über JSON-Dateien) ihre IP‑Ranges, z. B.
https://openai.com/gptbot.json oder
https://developers.google.com/search/apis/ipranges/googlebot.json.
Wenn die IP nicht dort drinsteht – blockieren.
Mit Tools oder Firewalls wie Cloudflare oder Wordfence kannst du so genannte „Allowlists“ erstellen: Nur bekannte Adressbereiche werden durchgelassen, alle anderen, die sich als KI ausgeben, werden abgewiesen.
In WordPress erreicht man dies komfortabel über Wordfence → Firewall → Advanced Blocking. Ich empfehle zwei Schritte:
- In der Allowlist die offiziellen IP-Ranges der gewünschten Bots hinzufügen.
- Eine Regel erstellen, die alle Anfragen mit gefälschten User-Agent-Strings blockiert.
Das klingt komplex, ist aber schnell umgesetzt – und spart enorm Ressourcen.
Natürlich gibt es Grenzen: IP‑Spoofing ist technisch nicht vollständig verhinderbar. Trotzdem ist die Kombination aus User-Agent, IP-Prüfung und Server‑Rate-Limits aktuell der beste Weg, um deine Infrastruktur sauber zu halten.
So schützt du Bandbreite – und bleibst sichtbar
Die Wahrheit ist: Wir sollten KI-Crawler nicht pauschal verteufeln. Sie sind längst Teil unserer digitalen Umgebung. Wer sie komplett blockiert, schneidet sich unter Umständen von aufkommenden Such- und Vorschlagssystemen ab.
Ich empfehle, strategisch zu unterscheiden:
- Erlauben solltest du Crawls von Bots, die zur Indexierung und Anzeige in KI-Suchoberflächen dienen – etwa Gemini, Bingbot, Perplexity.
- Blockieren kannst du Zugriffe, die offensichtlich nur Trainingsdaten absaugen, ohne echten Mehrwert für Sichtbarkeit (z. B. Webz.io oder Diffbot-Scraper).
Solche Regeln kannst du in deiner robots.txt definieren:
User-agent: GPTBot
Allow: /
Disallow: /private-folder/
So gibst du bewusst nur den sichtbaren Teil deiner Seite frei.
Warum regelmäßige Log-Analyse jetzt Pflicht wird
Früher konntest du dich darauf verlassen, dass Googlebot der wichtigste Besucher deines Servers ist. Heute hat fast jedes größere KI‑System seinen eigenen Crawler. Wer diese Bewegungen ignoriert, weiß gar nicht mehr, welche Informationen über seine Marke gesammelt werden.
Ich selbst prüfe meine Logs inzwischen wöchentlich – ein paar Minuten reichen, um zu erkennen, ob ein neuer Bot aufgetaucht ist oder ein alter aggressiver wurde. Du kannst auch automatische Alarme einrichten, z. B. wenn eine bestimmte IP über 1.000 Hits pro Stunde erzeugt. Solche Routinen helfen, Bandbreite zu sparen und die Datenqualität zu bewahren.
Ein persönlicher Gedanke zum Schluss
Ehrlich gesagt, faszinieren mich diese digitalen Besucher. Jede Zeile im Log ist wie eine Spur im Sand – manchmal harmlos, manchmal invasiv. Zwischen Transparenz und Geheimhaltung liegt ein schmaler Grat. Ich bin davon überzeugt, dass wir als Webmaster und SEOs hier Pioniere bleiben müssen: nicht Blockierer, sondern Navigatoren.
Mein Fazit:
- Dokumentiere, wer deine Inhalte abruft – ohne Paranoia, aber mit System.
- Nutze IP‑Verifikation konsequent, wo sie verfügbar ist.
- Erstelle intelligente robots.txt-Regeln. Sichtbarkeit ist eine bewusste Entscheidung.
- Halte deine Bot-Listen aktuell – sie verändern sich monatlich.
Die Welt des Crawlings ist nicht mehr dieselbe wie vor zwei Jahren. Neben Google gibt es jetzt ein ganzes Ökosystem aus KI‑Agenten, deren Zugriff entscheidet, ob deine Inhalte in den neuen Wissensoberflächen auftauchen oder im Dunkeln bleiben.
Das Ziel ist nicht Abschottung, sondern Kontrolle. Wer versteht, welche Bots willkommen sind – und welche nicht – bleibt auch im Zeitalter der KI entdeckt.
Bleib neugierig, bleib wach – denn selbst deine Logfiles erzählen dir heute mehr über Sichtbarkeit als manch SEO-Tool.