Es gibt Momente in der SEO-Welt, in denen ein Trend oder ein Vorschlag plötzlich so stark aufgeblasen wird, dass er wirkt, als sei er Pflicht. Genau das ist in letzter Zeit mit LLMs.txt passiert. Vielleicht hast du schon davon gehört – eine angebliche Möglichkeit, die Sichtbarkeit von Webseiten in KI-Suchen zu verbessern. Viele Tools und Plugins haben das Thema schnell aufgegriffen und vermitteln den Eindruck, man müsse sofort aufspringen. Doch wenn man genau hinschaut, merkt man: aktuell steckt dahinter mehr Wunschdenken als Realität.
Ich will dir in diesem Text zeigen, woher die Diskussion stammt, warum LLMs.txt bisher überhaupt nicht notwendig ist und wie es passieren konnte, dass so viele SEOs, Tools und sogar große Plattformen in eine Art Echokammer geraten sind. Und zwischendurch fließen ein paar persönliche Beobachtungen ein, denn ich habe in den letzten Jahren oft erlebt, wie solche „SEO-Hypes“ kommen und gehen.
Woher kommt der ganze Wirbel um LLMs.txt?
Wenn ein neues Buzzword am SEO-Horizont auftaucht, dauert es meist nicht lange, bis Tools damit werben. Genau das geschah bei LLMs.txt – einem Konzept, ähnlich wie robots.txt, nur angeblich speziell für Large Language Models. Die Idee: Man stellt eine Datei bereit, die KI-Systemen erklärt, wie Inhalte verarbeitet oder dargestellt werden sollen. Klingt erst mal praktisch, oder?
Das Problem: Keiner der großen KI-Anbieter nutzt dieses Format. Weder OpenAI noch Google noch Anthropic oder Perplexity greifen darauf zurück. Es existiert also nur als Vorschlag. Trotzdem haben viele SEO-Plugins begonnen, es einzubauen – vermutlich weniger aus Überzeugung, sondern eher, weil die Kundschaft es haben wollte. Niemand will ja den Anschein erwecken, man hinke technischen Trends hinterher.
Die Falle der Drittanbieter-Tools
Ein schönes Beispiel für diese Dynamik war eine Diskussion auf Reddit. Ein Nutzer wunderte sich, warum das SEO-Tool Semrush bei einem Audit meldete, dass kein LLMs.txt vorhanden sei – was als „Risiko“ eingestuft wurde. Verunsichert fragte er nach, ob er eins erstellen müsse und wie das ginge. Dass er damit eigentlich einer reinen Scheinwarnung aufgesessen war, verdeutlicht, wie leicht Missverständnisse entstehen.
In Wahrheit kann das Fehlen einer LLMs.txt unmöglich Einfluss auf die Darstellung in KI-Suchsystemen haben. Denn diese Systeme beachten solche Dateien schlicht nicht. Aber wenn ein Tool signalisiert, hier liege ein Defizit vor, entsteht schnell Druck, zu handeln – auch wenn es gar keinen Grund gibt.
Warum LLMs.txt im Moment sinnlos ist
Einer der bekanntesten Google-Mitarbeiter hat das deutlich bestätigt: LLMs.txt ist nicht nötig. Wer Zeit darin investiert, verfolgt im Grunde ein Phantom. Und ehrlich gesagt war mir sofort klar, dass es so kommen würde. Denn die Vorstellung, KI-Systeme würden freiwillig externe Dateien nutzen, um sich Inhalte „kuratieren zu lassen“, ist naiv. Es öffnet Tür und Tor für Manipulation.
Stell dir vor: Ein Betreiber könnte in ein LLMs.txt Dinge schreiben, die gar nicht auf der eigentlichen Webseite stehen – nur um KI-Bots in eine bestimmte Richtung zu lenken. Genau aus diesem Grund entscheidet sich bislang kein Anbieter dafür, dieses System einzubauen. Man könnte es zu leicht missbrauchen.
Tatsächlich gibt es schon Studien, die zeigen, wie anfällig KI-Systeme für sogenannte „Preference Manipulation Attacks“ sind – also gezielte Eingriffe, die das Modell dazu bringen, bestimmte Inhalte höher zu priorisieren, als es objektiv gerechtfertigt wäre. Warum sollten dann KI-Anbieter freiwillig ein Format akzeptieren, das exakt solche Schlupflöcher eröffnet?
Was Plugins und Tools wirklich sagen
Die Reaktionen in der SEO-Tool-Welt gehen auseinander. Manche bleiben ehrlich, andere schüren Hoffnungen.
Ein Plugin-Anbieter wie Squirrly beispielsweise gibt offen zu: Viele Nutzer haben nach LLMs.txt gefragt, also haben sie die Funktion eingebaut. Aber sie weisen gleichzeitig darauf hin, dass es keinerlei Nutzen gebe, wenn es um KI-Sichtbarkeit gehe. Das nenne ich faire Kommunikation: Man liefert ein Feature, aber macht klar, dass es ein Placebo ist.
Andere Anbieter, etwa Rank Math, gehen da weiter. Sie beschreiben LLMs.txt so, als würden KIs tatsächlich auf diese Dateien zurückgreifen, um Inhalte korrekt zu zitieren oder besser zu verstehen. Das ist nicht korrekt – aktuell tun sie es schlicht nicht. Damit entsteht der Eindruck, man könne sich durch dieses Feature tatsächlich Vorteile verschaffen, was die Erwartungshaltung der Nutzer nur noch anheizt.
Wieder andere, wie Yoast, bewegen sich in einer Grauzone. Sie erklären zwar, was LLMs.txt theoretisch leisten könnte, betonen aber vorsichtig, dass es ein optionales Instrument ist. Mir persönlich gefällt der Ansatz von Squirrly besser: klare Worte, keine falschen Hoffnungen.
Das Problem mit der „Misinformation-Loop“
Das eigentlich Interessante ist weniger die Technik selbst, sondern die Dynamik, die sich daraus entwickelt: Ein Tool baut etwas ein, Nutzer sehen es und denken, es sei wichtig. Andere Tools ziehen nach, damit sie nicht altmodisch wirken. Plugins machen mit, um ihre Community zufriedenzustellen. Und ehe man sich versieht, entsteht eine Echokammer, in der alle glauben, LLMs.txt sei unverzichtbar – obwohl faktisch kein einziger KI-Anbieter es nutzt.
Genau darin liegt die Gefahr: SEOs, Marketer und Business-Owner, die ohnehin Angst haben, in der KI-getriebenen Suche abgehängt zu werden, klammern sich an jedes Strohhalm-Feature. Tools nutzen diese Unsicherheit geschickt aus, um Zusatzfunktionen zu verkaufen oder ihre Relevanz zu unterstreichen. Am Ende fühlt es sich für viele so an, als würden sie etwas verpassen, wenn sie kein LLMs.txt auf ihrer Seite implementieren.
Was du daraus mitnehmen solltest
Für mich bleibt eine klare Schlussfolgerung: Ignoriere LLMs.txt. Zumindest solange, bis eine wirklich relevante KI-Plattform offiziell bekannt gibt, dass sie solche Dateien aktiv berücksichtigt. Bis dahin verschwendest du nur Zeit und Energie, die du besser in echten Content, Nutzererfahrung und klassische SEO-Prozesse investierst.
Und das ist vielleicht der wichtigste Punkt: Besonders in der heutigen SEO-Welt, wo sich ständig neue Konzepte rund um KI und Automatisierung entwickeln, darfst du dich nicht von jedem neuen „Hack“ verrückt machen lassen. Frag dich immer: Wird das von relevanten Playern tatsächlich genutzt? Gibt es Belege? Oder ist es nur ein weiterer Nebel-Effekt, der verunsicherte Marketer beschäftigt?
Aus meiner Sicht ist LLMs.txt ein Musterbeispiel dafür, wie schnell wir als Branche in eine Schleife geraten können, bei der Halbwahrheiten und marketinggetriebene Features Realität vortäuschen, die es gar nicht gibt. Und genau deshalb lohnt es sich, bei solchen Themen die Luft rauszulassen und nüchtern zu sagen: Nein, das bringt dir gerade nichts.
Fazit
Vielleicht klingt das ernüchternd, aber ich halte es für gesünder, die Dinge beim Namen zu nennen: LLMs.txt ist im jetzigen Stadium nicht mehr als ein Vorschlag – ein Stück Papier, das von vielen Tools eher aus Marketing- als aus Praxisgründen aufgegriffen wurde. Wirkliche KI-Sichtbarkeit erreichst du dadurch nicht.
Setz deine Ressourcen lieber an den Stellen ein, die bewährt sind: sorge für verständliche Inhalte, strukturiere deine Seiten sauber, und baue Vertrauen zu deiner Leserschaft auf. Denn am Ende gilt immer noch das alte SEO-Prinzip: nicht die Spielereien gewinnen, sondern die Substanz.