Es ist faszinierend, wie sich unser Verständnis von SEO in den vergangenen Jahren verändert hat – und doch greifen viele noch auf alte Rezepte zurück. Kaum ein Bereich zeigt das deutlicher als der rund um Markenerwähnungen. Früher hat man einfach Links gejagt, aber heute – in Zeiten von AI‑Search und semantischer Suche – reicht das längst nicht mehr. Die Suchmaschinen von morgen (und eigentlich schon von heute) bewerten Glaubwürdigkeit, Autorität und Relevanz anhand viel subtilerer Signale. Wenn du willst, dass deine Marke in diesen neuen Systemen sichtbar bleibt, musst du dich intensiver mit dem Aufbau von echten Erwähnungen und Reputation beschäftigen. Ich weiß, das klingt etwas sperrig – aber im Kern geht es darum, dass deine Marke in den richtigen Kontexten auftaucht, nicht nur verlinkt wird.
Das Fundament: Erzähl den Leuten, dass es dich gibt
Was immer wieder auffällt: Viele Unternehmen sind geradezu besessen davon, „Backlinks“ zu sammeln, dabei vergessen sie, was diese Links eigentlich bewirken sollen – Aufmerksamkeit. Es ist völlig zweitrangig, ob ein Link als „nofollow“ markiert ist oder nicht, solange er dich in ein relevantes Gespräch bringt. Viel entscheidender ist, dass Leute über deine Seite sprechen, dass sie dich kennen und weiterempfehlen. Ein gutes Linkprofil entsteht, wenn dein Angebot einzigartig genug ist, dass andere es erwähnen wollen.
Also, bevor du dich an eine Kampagne machst: frag dich ehrlich, was deine Website besonders macht. Warum sollte jemand sie aufgreifen oder empfehlen? Wenn du darauf keine überzeugende Antwort hast, liegt das Problem nicht an zu wenigen Links, sondern an einem fehlenden Alleinstellungsmerkmal. Das klingt hart, aber ohne diese Basis wird jede Öffentlichkeitsarbeit zur Sisyphusarbeit.
Mach deinen Auftritt besonders
Ich habe schon viele Projekte gesehen, bei denen eine ganz kleine Veränderung plötzlich den Unterschied machte – zum Beispiel eine ungewöhnlich transparente Preisdarstellung oder ein brillantes Tutorial, das niemand anders bietet. Solche Dinge entfalten sich wie Steine, die man ins Wasser wirft: Sie erzeugen Wellen. Genau diese Wellen sind später die brand mentions, die in AI‑Systemen wieder auftauchen.
Die Signale hinter Nutzerverhalten
Dass Suchmaschinen längst auf Nutzersignale schauen, ist kein Geheimnis mehr. Schon seit den frühen 2000ern haben Systeme erkannt, wonach Menschen tatsächlich klicken und was sie länger beschäftigt. Wenn also viele Nutzer von einer Seite begeistert sind, bleibt das nicht folgenlos. Im Zeitalter von AI‑Search, wo große Sprachmodelle zusätzlich Inhalte bewerten, spielt das noch stärker hinein: Erwähnungen, Empfehlungen, Zitate – selbst ohne Link – werden zu Indikatoren für Autorität und Relevanz.
Deshalb funktioniert klassisches Linkbuilding heute nur noch dann, wenn es eingebettet ist in eine Strategie, die die Wahrnehmung deiner Marke aufbaut. „Signale“ entstehen aus Verhalten – und Verhalten entsteht, wenn Menschen wirklich beeindruckt sind. So simpel, so herausfordernd.
Warum reine Backlink-Suchen oft zu kurz greifen
Vielleicht nutzt du Backlink‑Analyse‑Tools – die sind praktisch, aber sie zeigen nur einen Ausschnitt der Realität. Dort tauchen viele Schrottseiten auf, automatisch generierte Verzeichnisse, Spam-Blogs. Wenn du nur diesen Daten traust, entgeht dir etwas Entscheidendes: die echten Gespräche. Besser ist es, gezielt Websites und Formate aufzuspüren, wo über Marken gesprochen wird – unabhängig davon, ob ein Link gesetzt ist.
Ein praktischer Trick, den ich selbst oft verwende, sind spezialisierte Suchanfragen. Wenn du zum Beispiel wissen willst, wo deine Konkurrenz erwähnt wird, such nach ihrem Namen in Kombination mit Begriffen wie „Resources“, „Bookmarks“ oder „Links“ – aber schließe deren Seite selbst mit dem Operator ‑site: aus. So bekommst du feinere Ergebnisse. Segmentiere anschließend nach Top-Level-Domain (.com, .org, .edu, .net usw.). Jedes dieser Segmente spuckt ein anderes Ökosystem an Websites aus: .edu‑Domains etwa zeigen häufig Fachverzeichnisse oder Universitätsprojekte, während .org in der Regel Nonprofits oder Branchenverbände offenbart. Genau dort sind häufig die glaubwürdigsten Mentions versteckt.
Marken- und Namenssuche verfeinern
Neben den URL-basierten Suchen funktioniert es hervorragend, den reinen Markennamen oder ein Produkt suchmaschinenübergreifend zu prüfen. Nutze auch hier wieder TLD‑Segmente, etwa „Brandname site:.org“ oder „Brandname site:.io“. Du wirst überrascht sein, wie unterschiedlich die Ergebnisse ausfallen. Oft tauchen darin Forenbeiträge, PDF-Kataloge oder lokale Branchenseiten auf – Quellen, die sonst in keiner Linkanalyse sichtbar werden.
Gezielte Erwähnungen in autoritativen Umfeldern
Wenn du tiefer einsteigen willst, kannst du gezielt nach Portalen suchen, die sponsored content anbieten – also bezahlte Artikel, die als solche gekennzeichnet sind. Jetzt denkst du vielleicht: „Aber gesponserte Beiträge zählen doch gar nicht für SEO!“ Stimmt in gewisser Weise, sie übertragen keinen klassischen PageRank. Aber darum geht’s gar nicht. In AI‑Suchergebnissen – etwa innerhalb von ChatGPT oder Googles KI-Mode – werden solche Quellen durchaus berücksichtigt, wenn sie vertrauenswürdig sind. Ein sauber deklarierter, hochwertiger Beitrag kann also doppelt wirken: Reichweite plus Erwähnung in AI‑Antworten. Wichtig ist nur, dass du dich auf seriöse Veröffentlichungen konzentrierst – Fachportale, Branchenmagazine, Plattformen mit journalistischer Qualität. Finger weg von Billig-Blogs, die für 30 Euro jeden veröffentlichen. Das bringt nichts außer verbrannten Budget.
Wie du solche Portale findest
Suche nach Stichwortkombinationen wie „Produktname site:.org ‚sponsored article‘“ oder „Dienstleistung site:.com ‚sponsored post‘“. Teste Varianten mit und ohne Anführungszeichen. Beim exakten Ausdruck zwingst du Google, präzise Treffer auszuspielen, statt ähnliche Begriffe zu mischen. Das klingt technisch, ist aber effektiv – ich habe damit immer wieder kleine Publikationen entdeckt, die perfekt zur Zielgruppe meiner Kunden passten.
Wenn du gar keine Online‑Präsenz hast
Das mag paradox klingen, aber manche der besten Erwähnungen entstehen offline – in Newsletter‑Magazinen, PDF‑Publikationen oder Branchenverbänden. Viele dieser Organisationen verschicken wöchentlich Magazine an eine klar definierte Fachzielgruppe: Anwälte, Ärzte, Entwickler, Energieversorger – du glaubst gar nicht, wie spezifisch das oft zugeschnitten ist. Eine Erwähnung dort bedeutet vielleicht keinen Link, bringt dir aber Glaubwürdigkeit bei genau der Person, die du erreichen willst. Und wenn eines dieser Magazine später online zitiert wird, tauchst du auf einmal in einem ganz neuen Netzwerk von Empfehlungen auf.
PDF‑Suche als Geheimtipp
Mit dem Suchoperator filetype:pdf kannst du erstaunlich viele dieser verborgenen Quellen finden. Zum Beispiel: „keyword filetype:pdf site:.org newsletter“. So stößt du manchmal auf Branchenbroschüren, die von kleineren Verbänden oder regionalen Organisationen veröffentlicht wurden. Dort kannst du dich einbringen – als Interviewpartner oder mit einem Gastartikel. Das ist alte Schule, ja – aber oft effektiver als jeder „Influencer Outreach“.
Beziehungen statt Kampagnen
Gerade hier lohnt es sich, über reine Online-Taktiken hinauszugehen. Wenn du auf Konferenzen oder Messen bist, triff die Autoren, die in deinem Themenfeld schreiben. Diese Begegnungen zahlen auf lange Sicht ein Vielfaches zurück. Ich habe Kunden, die durch solche Beziehungen plötzlich regelmäßig in Fachnewslettern genannt wurden, ganz ohne „PR-Retainer“. Das ist die Art von Erwähnung, die KI‑Systeme künftig als echtes Vertrauenssignal erkennen werden.
Schrittweise Segmentierung
Wenn du die Suche nach Erwähnungen strukturierst, achte auf drei Dimensionen:
- Art der Seite: Blog, Magazin, Forum oder Unternehmensseite. Jede Kategorie eröffnet andere Chancen.
- Kontext/Audience: Entscheidend ist nicht, dass der Inhalt exakt dein Produkt beschreibt, sondern dass die Zielgruppe passt. Ein Anbieter von Rechtssoftware kann von einem Artikel über Kanzlei-Management mehr profitieren als von einem technischen SEO-Link aus einem Dev‑Forum.
- Qualität: Schau dir mit Menschenverstand an, ob die Seite lebendig wirkt, gute Texte hat und echtes Publikum erreicht. Tools brauchst du dafür kaum – dein eigenes Urteil zählt am meisten.
Was bleibt als Fazit
Wenn man das alles zusammenfasst, ist die Lektion erstaunlich einfach: Mach deine Marke erzählbar. In einer Welt voller KI‑Systeme, die Informationen synthetisieren, zählen Erwähnungen als Beweise dafür, dass du relevant bist. Bau Beziehungen auf, sorge für authentische Präsentationen und bring dein Know-how in Diskussionen und Fachmedien ein. So entsteht dieser flächendeckende Buzz, der irgendwann dazu führt, dass deine Marke überall auftaucht – in Branchengesprächen, Artikeln und, ganz automatisch, auch in AI‑Antworten.
Ich würde sogar sagen: Vergiss für einen Moment das klassische SEO‑Denken. Stell dir vor, du machst reine Reputation‑Arbeit im digitalen Raum. Wer dich kennt und mag, wird dich erwähnen. Und jede dieser Erwähnungen ist heute viel mehr wert als ein unachtsam gesetzter Link. Denn sie trägt dein Narrativ weiter – und genau das verstehen Suchmaschinen immer besser.
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