Manchmal ist es überraschend, wie stark sich die scheinbar unscheinbaren technischen Details einer Website auf das gesamte Nutzererlebnis auswirken. Genau hier kommen die Core Web Vitals ins Spiel: Ladegeschwindigkeit, Stabilität und Reaktionsfähigkeit – alles Faktoren, die bestimmen, ob Besucher auf deiner Seite bleiben oder sie sofort wieder verlassen. Schaut man sich an, welche Content-Management-Systeme (CMS) dabei vorne liegen, wird es spannend: Manche Plattformen legen stetig zu, andere treten eher auf der Stelle.
Warum Core Web Vitals so entscheidend sind
Um es auf den Punkt zu bringen: Core Web Vitals messen die wahrgenommene Qualität deiner Seite aus Nutzersicht. Ein Besucher will nicht warten, bis sich ein Bild endlich platziert. Er erwartet, dass beim Klicken auf einen Button sofort etwas passiert. Genau diese „gefühlte Geschwindigkeit“ hat direkte Auswirkungen auf deinen Erfolg – sei es durch bessere Conversion-Rates, niedrigere Absprungraten oder ein Plus an Vertrauen.
Aus meiner Erfahrung unterschätzen viele Unternehmen diesen Punkt noch immer. Sie investieren Monate in Inhalte, Social Media oder Ads, aber lassen ihre Seiten technisch „aufblähen“. Die Konsequenzen spürt man sofort: Das Ranking leidet, und die User springen schneller ab.
Methodik: Wie die Daten erfasst werden
Die Rankings, über die ich hier spreche, basieren auf einer Kombination zweier öffentlicher Datensätze:
- Chrome UX Report (CrUX): Hierbei geht es um echte Nutzerdaten – also Menschen, die den Chrome-Browser verwenden und bereit sind, ihre Erfahrungswerte anonym zu teilen. Damit erhält man einen sehr realitätsnahen Blick.
- HTTP Archive: Hier laufen strukturierte Labortests ab. Sie prüfen, ob Websites technisch richtig gebaut sind, ob Komprimierung stimmt, Bilder optimiert wurden, oder ob unnötige Skripte blockieren.
Spannend ist die Kombination: Das Labor zeigt, wie Seiten optimiert sein sollten, die Nutzerdaten hingegen machen klar, wie sie sich wirklich anfühlen.
Monatlicher Fortschritt: Juni vs. Juli
Interessant war der Sprung im Sommer: Alle Plattformen legten etwas zu, aber in sehr unterschiedlichem Tempo.
- Joomla war der klare Gewinner beim Wachstum mit einem Plus von über 3%.
- Wix zeigte ebenfalls eine gute Dynamik, mehr als 2,5%.
- Drupal, Duda und Squarespace landeten knapp dahinter.
- WordPress zeigte die kleinste Steigerung: gerade einmal +0,9%.
Das bedeutet nicht, dass WordPress grundsätzlich schlecht wäre – aber der Fortschritt verlief deutlich langsamer. Die Zahlen deuten an, dass kleinere CMS durch ihre Bauweise agiler optimieren können, während WordPress stärker mit Altlasten kämpft.
Wer liegt absolut vorne?
Wenn man die Juli-Ergebnisse in absoluten Zahlen betrachtet, ergab sich dieses Bild:
- Duda – knapp 85% der Seiten bestanden die Core Web Vitals.
- Wix – 73%.
- Squarespace – knapp 69%.
- Drupal – etwa 60%.
- Joomla – 55%.
- WordPress – 44%.
Duda ist damit der „Champion“. Joomla kann sich zwar auf Wachstumsraten berufen, bleibt aber im Mittelfeld hängen. WordPress dagegen landet klar auf dem letzten Platz – sowohl im Ranking als auch beim Zuwachs.
Warum ist das relevant?
Du musst dir klarmachen: Diese Prozente repräsentieren die Erfahrung echter Menschen. Wenn Duda-Seiten zu 85% ein gutes Erlebnis bieten, während WordPress bei nur 44% liegt, hast du fast doppelt so hohe Chancen auf frustfreie Besucher, wenn du Duda nutzt.
Natürlich bedeutet das nicht, dass du WordPress sofort vergessen solltest. Millionen Seiten laufen darauf – gerade wegen der enormen Flexibilität und Plugin-Auswahl. Aber die nackten Zahlen zeigen deutlich: Aus Performance-Sicht hast du bei anderen Anbietern bessere Karten.
Das WordPress-Dilemma
Aus technischer Sicht kämpft WordPress seit Jahren mit sogenannter technischer Schuld. Die Plattform wurde ursprünglich als reines Blogging-Tool entwickelt. Heute soll sie alles können: Shops, Communities, komplexe Unternehmensseiten. Um diese Flexibilität zu ermöglichen, hat man viel alten Code bestehen lassen. Das bremst.
Dazu kommen Workarounds für Abwärtskompatibilität: Alte Themes und Plugins sollen weiterhin funktionieren. Wenn du aber auf technische Rücksichtnahme für Code aus den 2010ern baust, leidet zwangsläufig die Performance.
Ich habe selbst unzählige Projekte gesehen, in denen Optimierung auf WordPress einem Jonglierakt glich: Du beschleunigst ein Script, plötzlich bricht ein Plugin an anderer Stelle. Dazu kommt der Druck der Open-Source-Community, die freiwillig die riesigen Code-Massen wartet. Auch hier gibt es immer wieder Themen wie „Burnout der Mitwirkenden“ oder langsamer werdende Release-Zyklen.
Konsequenzen
- Innovation verlangsamt sich. Während kleine CMS alle paar Monate größere Performance-Features einführen, dauert es bei WordPress oft deutlich länger.
- Entwicklerfrust. Viele Talente sind irgendwann erschöpft – was wiederum zu weniger aktiver Weiterentwicklung führt.
- Stagnationsrisiko. Wenn sich technische Schuld weiter anhäuft, könnte WordPress mittel- bis langfristig Marktanteile verlieren.
Und trotzdem: WordPress rankt in der Praxis erstaunlich gut – was zeigt, dass Rankingfaktoren weit mehr umfassen als nur die Core Web Vitals. Inhalte, Backlinks, Marke – all das spielt eine mindestens ebenso wichtige Rolle.
Was bedeutet das für dich konkret?
Ich denke, du solltest dir folgende Fragen stellen:
- Setzt du stark auf User Experience, Conversion-Rates, schnelle Interaktion? Dann profitierst du überproportional von einem CMS mit hohen CWV-Scores wie Duda oder Wix.
- Brauchst du maximale Flexibilität, riesiges Ökosystem und fast grenzenlose Möglichkeiten? Dann wirst du an WordPress kaum vorbeikommen – musst allerdings Geduld für Optimierungen mitbringen.
- Bist du irgendwo dazwischen? Squarespace und Drupal bieten einen ausgewogenen Mittelweg.
Den „einen Gewinner“ gibt es nicht. Es hängt stark von deinem Zweck ab. Aber klar ist: Core Web Vitals zeigen immer deutlicher, dass bestimmte Systeme spürbar besser für Performance aufgestellt sind.
Mein Fazit
Auch wenn die Core Web Vitals kein Allheilmittel sind, geben sie einen sehr plastischen Hinweis darauf, welche Plattformen auf lange Sicht fit bleiben. Persönlich überrascht es mich nicht, dass WordPress hinterherhinkt. Ich kenne genug Fälle, in denen Optimierungen nur durch tiefe Eingriffe ins Theme oder durch unzählige Caching/Optimierungs-Plugins möglich waren.
Andererseits: Würde CMS-Wahl direkt das Ranking bestimmen, läge WordPress längst am Boden. Das Gegenteil ist der Fall – nach wie vor dominieren WordPress-Seiten in den SERPs. Für mich ist das ein Hinweis: Ein schnelles, stabiles System ist die Basis, aber was du daraus machst – Inhalte, Strategie, Marke – entscheidet letztlich über Erfolg oder Misserfolg.
Vielleicht ist genau das die wichtigste Botschaft: Du kannst mit jeder Plattform erfolgreich sein. Nur mit manchen Systemen startest du eben mit Rückenwind – und mit anderen mit angezogener Handbremse.