Es gibt Momente, in denen selbst gestandene SEO-Tools einen neuen Weg einschlagen – und genau das ist jetzt geschehen. Yoast, bisher vor allem durch sein klassisches WordPress-Plugin bekannt, eröffnet eine frische Richtung mit einem Werkzeug, das ganz unabhängig vom CMS funktioniert. Das Spannende daran: Es dreht sich nicht – wie man vielleicht erwarten würde – um Keywords oder Meta-Beschreibungen, sondern um Markensichtbarkeit in einer Welt, die zunehmend von KI-Antworten geprägt wird.
Und hier liegt der eigentliche Kern: Während viele noch rätseln, wie sie in „Answer Engines“ oder Tools wie ChatGPT präsent bleiben, versucht Yoast, genau dafür einen Transparenz-Schlüssel in die Hand zu geben. Das Tool – vorerst in einer Beta-Version verfügbar – ist Teil von etwas, das sie Yoast SEO AI+ nennen.
Ein neuer Blickwinkel auf Sichtbarkeit
Was mich sofort überrascht hat: Dieses Produkt ist kein Plugin mehr, das du einfach im Backend deiner Website installierst. Stattdessen ist es eigenständig und funktioniert unabhängig von WordPress oder jeder anderen CMS-Struktur. Das finde ich aus zwei Gründen bemerkenswert: Zum einen zeigt es, dass Yoast verstanden hat, dass SEO weit über klassische Onpage-Optimierung hinausgeht. Zum anderen ist es ein Signal an kleinere und mittlere Unternehmen, ihren Namen dort monitoren zu können, wo der User schon längst Antworten bekommt – also in KI-gestützten Suchsystemen.
Das Tool bietet mehrere Funktionen, die zusammengenommen eine Art neues „Markenbarometer“ ergeben:
- Es misst Markenerwähnungen, sprich: Wo und wie taucht deine Marke in AI-Antworten auf?
- Es liefert Stimmungsanalysen – läuft die Markenwahrnehmung eher ins Positive oder kippt es ins Negative?
- Es vergleicht Platzierungen mit Wettbewerbern und zeigt damit einen Benchmark.
- Besonders spannend ist die Möglichkeit, gezielt eigene Fragen zu hinterlegen, um zu prüfen, ob und wie die Marke in Antworten erscheint.
All das mündet laut Yoast in einen Indikator, den sie „AI Visibility Index“ nennen. Ein einziger Messwert, der mehrere Faktoren – wie Sentiment, Erwähnungsfrequenz und Ranking in KI-Antworten – bündelt.
Warum dieser Ansatz wichtig wird
Wenn du jahrelang SEO gemacht hast, kennst du die Logik: Alles drehte sich um organische Platzierungen auf Google. Man optimiert, um auf Seite eins aufzutauchen. Aber bei ChatGPT, Claude oder Googles Search Generative Experience läuft der Prozess ganz anders. Nutzerinnen und Nutzer stellen ihre Fragen – und die Engine gibt eine direkte Antwort, oft ohne klassische Links.
Dadurch verschiebt sich die Frage von „Wie ranke ich in der Suche?“ hin zu „Taucht meine Marke überhaupt im maschinellen Antworttext auf?“. Genau hier setzt das neue Tool an.
Ein persönlicher Gedanke dazu
Ich muss gestehen, dass ich anfangs skeptisch war, ob wir wirklich einen weiteren KPI brauchen. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto klarer wird: In einer Welt, in der generative KI wie ein Gatekeeper arbeitet, kann es entscheidend sein zu wissen, ob die eigene Marke glaubwürdig als Quelle oder Referenz erscheint. Es ist fast wie bei den alten Zeiten, in denen Verzeichniseinträge das Vertrauen erhöhten – nur heute auf einem viel abstrakteren Level.
Ein Blick auf die Funktionen
Lass uns kurz die Hauptfeatures tiefer anschauen:
1. Sentiment-Analyse
Das klingt auf den ersten Blick wie ein nettes Extra, ist aber tatsächlich weit mehr. Du siehst nicht nur, ob deine Marke erwähnt wird, sondern auch in welchem Tonfall. Wird sie mit positiven Attributen verknüpft? Oder schwingt Skepsis mit? In einer grafischen Darstellung trennt das Tool „positive“ von „negativen“ Aussagen. Für mich ist das hochinteressant, besonders wenn man sich überlegt, wie LLMs Muster aus früheren Daten übernehmen.
2. Zitationsanalyse
Yoast integriert einen Mechanismus, der überprüft, wann deine Marke als Quelle genannt wird. Das ist insofern clever, als dass es nicht nur um reine Erwähnung, sondern um das anerkannte Zitieren geht. Stelle dir vor, die AI sagt: „Laut [deiner Marke] ist …“. Genau das sind Mentions, die langfristig deinem Vertrauenskapital zugutekommen.
3. Wettbewerbs-Benchmarking
Hier ist es fast wie in der klassischen SEO-Welt: Du willst wissen, wie du im Verhältnis zur Konkurrenz stehst. Das Tool zeigt dir, ob deine Wettbewerber häufiger auftauchen oder ob sie besser in den Antworten integriert werden. Das kann helfen, Lücken und Chancen zu erkennen.
Yoasts Strategie: SMBs ins Zentrum rücken
Etwas, das man nicht übersehen sollte, ist die Preispolitik. Yoast hat diesen neuen Service offenbar bewusst so erschwinglich gestaltet, dass er für kleine und mittlere Unternehmen interessant ist. Das ist clever, denn gerade kleinere Firmen haben oft nicht die Ressourcen, komplexe Monitoring-Systeme selbst zu entwickeln. Für sie ist es ein echter Vorteil, einfach einen Überblick zu bekommen, wie ihre Marke im KI-Ökosystem dargestellt wird.
Große Konzerne haben dafür eigene Research-Abteilungen; der Mittelstand eher nicht. Deshalb gefällt mir dieser Ansatz – er öffnet ein Spielfeld, das sonst nur den ganz großen Playern offenstand.
Eine Vision, die größer ist als das Startprodukt
Yoast betont, dass dies nur der Anfang ist. Geplant sind Erweiterungen für immer mehr Sprachmodelle und zugleich die Integration konkreter Handlungsempfehlungen. Das heißt, das Tool soll dich nicht nur diagnostisch unterstützen, sondern auch praktische Tipps liefern, was zu tun ist, um die eigene Sichtbarkeit zu verbessern.
Das klingt nachvollziehbar. Schließlich reicht es nicht zu wissen, dass du „schlechter abschneidest“. Eigentlich willst du klare Leitplanken: Soll ich mehr Content zu einem bestimmten Thema erstellen? Soll ich bestimmte Fragen zielgerichtet auf meiner Webseite beantworten?
Ein kleiner Vergleich aus meiner Praxis
Früher habe ich oft mit SEO-Analysen gearbeitet, die dir zwar CTR-Daten oder Ranking-Entwicklungen zeigten, aber keine konkrete Strategie ableiteten. Genau wie dort könnte auch hier der nächste Schritt entscheidend sein: direkte Empfehlungen, anwendbar ohne tiefe KI-Expertise.
Mein Fazit
Das Tool ist sicher nicht die Revolution im klassischen SEO-Sinne, doch es adressiert ein echtes Problem, das wir alle in den nächsten Jahren stärker spüren werden. Die Verlagerung der Sichtbarkeit weg von Suchergebnisseiten hin zu KI-generierten Antworten ist nicht hypothetisch, sie passiert bereits jetzt.
Yoast reagiert darauf mit einem pragmatischen Ansatz: Messbar machen, was viele Marktteilnehmer bisher nur ahnen: Wie präsent ist meine Marke überhaupt im neuen Suchökosystem?
Und mal ehrlich: Die Diskussion um AI Visibility Index klingt am Anfang nach einem Marketing-Buzzword, aber gleichzeitig steckt darin eine nüchterne, praktische Logik. So etwas kann der Unterschied sein zwischen „wir verlieren Reichweite, ohne es zu merken“ und „wir haben frühzeitig gegengesteuert“.
Persönlich denke ich, viele SEOs werden erst aufwachen, wenn der Trafficeinbruch schon sichtbar wird. Wer aber jetzt die ersten Schritte geht, hat die Chance, sich in dieser neuen Landschaft nicht nur zu behaupten, sondern auch neue Türen für Vertrauen und Markenbindung zu öffnen.